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AutorenbildKristina Obermayr

Ein Hund aus dem Auslandstierschutz




Diesen Hashtag liest man ja sehr häufig in den sozialen Medien.

Ich persönlich stehe dieser Meinung aber auch kritisch gegenüber und finde definitiv, dass beides seine absolute Berechtigung hat - einen Hund aus dem Tierschutz zu adoptieren oder auch zu einem Züchter/einer Züchterin zu fahren und sich dort einen Welpen zu holen.

Unsere Leben und Pläne mit einem Hund sind sehr individuell. Der eine ist alleinstehend sehr flexibel und kann sich erst einmal sehr an die Bedürfnisse des neuen Hundes anpassen. Die anderen haben eine 5-köpfige Familie und hier ist es wichtig, dass der Hund sich schneller anpasst.

So gilt es sich vorab gut zu überlegen, welche Herausforderungen der Hund meistern soll und sich gegebenenfalls auch vor Anschaffung des Hundes professionelle Unterstützung für diese Entscheidung zu holen.

Und diese kann eben wahlweise ein Hund aus dem Tierschutz sein oder auch, sich einen guten Züchter zu suchen. So wie es für dich und dein Leben eben besser passt.



Keine Vergleiche


Du bist ein ganz individueller Mensch und dein Hund ist auch eine völlig individuelle Persönlichkeit - euch gibt es keine zweites Mal.

Die einen Situationen werdet ihr total schnell meistern und an anderen werdet ihr einen längeren Weg beschreiten. Völlig normal. Hier kannst du dich nicht vergleichen, und Vergleiche sorgen in der Regel eh nur für Frust.

Ganz besonders beim Thema Tierschutzhund aus dem Ausland ist es so wichtig, sich nicht in Hundekursen oder auf Spaziergängen mit den zum Beispiel Golden Retrievern und Labradoren vom Züchter zu vergleichen. Hier herrschen völlig andere Voraussetzungen. Diesen Hunden wurde von Geburt an die Kooperation mit dem Menschen gewöhnt.

Ganz im Gegensatz zu Hunden aus dem Auslandstierschutz - hier kann sich bereits vorgeburtlicher Stress der Mutterhündin negativ auf das Gehirn der Welpen auswirken. Wenn die Welpen dann auf der Straße geboren werden, machen sie häufig bereits erste negative Erfahrungen mit Menschen, sie werden verscheucht oder Schlimmeres.

Aber auch die Einfangaktionen, die zwar einem guten Zweck dienen sollen, laufen häufig für die Hunde so unglücklich ab, dass auch hier Misstrauen gegenüber Menschen und besonders gegen Männer geschürt wird.

Und somit gilt es hier noch mehr als bei jedem anderen Hund, erst einmal ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zur Bezugsperson herzustellen - über Ankommen lassen, Zeit geben und einen respektvollen und bedürfnisorientierten Umgang mit dem Hund. Das sollte vor jedem Sitz-, Platz-, Fuß-, Bleibtraining stehen.


Große Hilfestellung vorab


Das Wichtigste und Beste, was du für deinen Hund immer vorab tun kannst, ist dich ausgiebig und sehr fleißig mit der hündischen Körpersprache und Kommunikation auseinanderzusetzen. Es ist so wichtig, dass du potentielle Konfliktsituationen frühzeitig und schnell erkennen kannst und deinen Hund unterstützt.

So viele Hunde sind nach der Ankunft so überfordert, dass sie recht wenig Verhalten zeigen und die Bezugspersonen die Hunde als unproblematisch im Alltag erachten. Sie mit in Parks, Restaurants nehmen und die Hunde das scheinbar gut mitmachen. Hier werden häufig Stressanzeichen übersehen. Wenn die Hunde dann mehr ankommen und immer überforderter werden, entlädt sich dieser Stress scheinbar plötzlich durch Anbellen, in die Leine springen, Abschnappen, etc.

Vieles hiervon wäre durch eine bessere Schulung des zukünftigen Halter*innen absolut vermeidbar.

Hündische Kommunikation ist sehr fein und sehr komplex - hier kannst du tatsächlich nie auslernen. Aber es ist eben auch ein wunderschönes Thema.



Pläne


Es ist wichtig, dass du dir vor Einzug deines neuen Hundes Pläne machst. Wie soll euer Zusammenleben aussehen. Wie kannst du ihn an alle eure Herausforderungen des Alltags heranführen? Auch hier kannst dich vorab schon professionell unterstützen lassen.

Aber es ist genau so wichtig, dass du trotz all deiner Pläne auch immer flexibel bleibst. Wie vorhin schon erwähnt, werden manche Situationen einfach ohne großen Aufwand gut funktionieren und andere eben nicht. Da darfst du dann all deine Pläne mal über den Haufen werfen und nachjustieren.

Ich empfehle allen meinen Kund*innen immer eine 2-Jahres Plan zu machen. Also was steht in den nächsten zwei Jahren in deinem Leben an, Hochzeiten, Umzüge, Reisen, Kinder, etc. Im nächsten Schritt wird dann zum Beispiel festgelegt, ob dein Hund mit in den Urlaub kommt. Wenn ja auf welche Situationen solltest du ihn vorbereiten - lange Autofahrten, überschaubare Zeit allein im Hotelzimmer, etc.

Wenn dein Hund aber nicht mit in den Urlaub soll, wie und wo soll er betreut werden? Wie kannst du ihn hierauf angemessen vorbereiten.

Der 2-Jahres Plan ist natürlich auch stets veränderbar. Aber so hast du immer ein Grundgerüst und kannst dich und deinen Hund gut auf die Herausforderungen eures Zusammenlebens perfekt vorbereiten.


Erste Schritte


Im ersten Schritt solltest du deinen Hund erst einmal ankommen lassen - und nein, er muss nicht sofort dies, das oder jenes üben und trainieren. Jetzt muss er erst einmal dich und seine neue Umgebung kennenlernen und seinen Umzug verarbeiten.

Gerade Hunde aus dem Auslandstierschutz haben in der Regel eine lange, stressige Reise mit anderen gestressten Hunden hinter sich und diese sollten sie dann auch in Ruhe verdauen dürfen.

Aber auch ein Hund aus einem deutschen Tierheim oder einer Pflegestelle hat mindestens zwei Heimatwechsel (in und aus dem Tierheim) hinter sich und braucht jetzt erst einmal Zeit.



Lerne deinen Hund kennen!


So wichtig für dich! Wir alle haben ja immer so eine Vorstellung für das Zusammenleben mit Hund und wie wir uns einen Hund vorstellen. Aber nicht selten entspricht der Hund gar nicht so ganz diesem Bild, ;-)

Jetzt gilt es also erst einmal ruhig, wertfrei und möglichst entspannt zu beobachten, was für eine Persönlichkeit dein Hund mitbringt. Ist er eher misstrauisch und zurückhaltend, überfordert und überdreht oder oder oder. Hier sollte der Trainingsplan unbedingt an den Hund individuell angepasst werden.

Dann gilt es für dich, ein sicheren Hafen für deinen Hund zu werden. Sei freundlich, wertschätzend und verständnisvoll an seiner Seite. Biete deine Nähe an ohne dich aufzudrängen!


Herausforderungen schweißen zusammen


Ich finde ja, alle Hundehalter*innen sollten sich über die „Probleme“, die der Hund so mitbringt freuen. Denn sie geben dir die Möglichkeit, dich als kompetente liebevolle Bezugsperson zu bewähren. Nett und fair zu einem Hund zu sein, der sich super anpasst, ist kein Hexenwerk.

Das gleiche aber in einer Situation zu leisten, in der der Hund nicht erwünscht reagiert - das ist eine Kunst. Zum Glück kann das aber jeder lernen über Achtsamkeit mit dem Hund, Managementmaßnahmen und Training. Und wenn du und dein Hund herausfordernde Situationen immer besser als Team meistert, gibt es wenig, was euch mehr stärkt.


Lass deinen Hund wachsen - in seinem Tempo


Für mich darf jeder Hund anfangs in Watte gepackt werden. Denn in erster Linie sollte er schöne Erlebnisse und positive Emotionen in seiner neuen Umgebung und auch mit seiner neuen Bezugsperson bzw. -personen verknüpfen.

Erst wenn eine einigermaßen vertrauensvolle Beziehung geschaffen wurde, fangen wir angepasst an, uns Herausforderungen zu stellen.

Denn mit der Zeit, darf dein Hund natürlich an Kompetenz auch in für ihn schwierigen Situationen hinzugewinnen. Das fördert sein Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.


Auf dieser Reise ist es wichtig, dass du deinem Hund gut zuhörst. Viele Faktoren beeinflussen eine gute oder schlechte Tagesform. Das kennen wir von uns und das ist bei Hunden nichts anderes. Daher kannst du den Alltag nicht immer nach Trainingsplan bestreiten, sondern musst dich der Tagesform deines Hundes, aber natürlich auch deiner eigenen anpassen.


Wenn dein Hund also deutlich zeigt, dass er die aktuelle Herausforderung nicht meistern kann, solltest du auch mal ein „Nein“ akzeptieren. Studien zeigen, dass Hunde auf diese Weise nämlich situativ mutiger werden, weil sie eben notfalls abbrechen können. Und es ist eben ein Trugschluss, den Hund immer durch Situationen „durchzwingen“ zu müssen.


Die richtige Begleitung


Immer wieder höre ich Empfehlungen, dass der Hund sofort in die Hundeschule muss, weil er ja direkt alles lernen soll.

Meiner Erfahrung nach ist diese Entscheidung aber deutlich komplexer. Wie angestrengt ist dein Hund von seinem neuen Leben? Wie arbeitet die Hundeschule - herrscht viel Druck oder werden Situationen auch für deinen Hund individuell gestaltet? Wie groß sind die Gruppen? Um nur einige Punkte zu nennen.

So kommt es also häufig vor, dass der Hund vom Hausbesuch eines Trainers oder einem Training in einer Hundeschule noch völlig überfordert wäre, aber die Halter*innen bereits sehr viele Fragen haben.

Daher arbeite ich so gerne online. So können wir über Videoanalysen schon sehr viel helfen und auch den Hund auf die kommenden Situationen vorbereiten.

Denn das Wichtigste ist eine gute Schulung der Bezugsperson, damit diese ihren Hund adäquat begleiten und unterstützen kann.

Und wenn es dann nötig oder gewünscht ist, können ja dann immer noch Livetermine wahrgenommen werden.


6 praktische Tipps

Wenn du überlegst einen Hund aus dem Auslandstierschutz adoptieren möchtest, kannst du folgende Tipps beachten:


  1. Hol dir professionelle Hilfe bei der Auswahl des Hundes. Gerade, wenn der Hund sich noch im Ausland befindet, gibt es mittlerweile häufig Videos der Hunde. Auf diesen Videos lässt sich anhand der Körpersprache schon einiges ableiten. Ist der Hund offen gegenüber Menschen und Hunde oder besteht hier bereits ein potentielles Problem. So kannst du dich schon vorab gut darauf vorbereiten oder dich eben auf einen anderen Hund konzentrieren. Prinzipiell würde ich aber immer zu Punkt 2 raten.

  2. Such dir einen Hund von einer Pflegestelle in deiner Nähe. So kannst du den Hund entspannt vorab mehrmals besuchen und ihn bereits kennenlernen. Ihr könnt gemeinsame Spaziergänge unternehmen. Auf der anderen Seite machst entspannst du auf diese Weise auch den weiteren Heimatwechsel für deinen Hund.

  3. Aussehen ist natürlich wichtig und jeder findet einen anderen Hund schön oder süß - das ist ja auch sehr gut! Aber bitte vergiss nicht auf den Charakter zu achten. Was muss dein zukünftiger Hund an Eigenschaften mitbringen, damit er sich in deinem Umfeld wohlfühlen kann. Brauchst du einen abenteuerlustigen Hund, der mit dir viele wilde Ausflüge unternimmt? Oder lebst du mit Kind und Kegel und ihr bekommt viel Besuch und es wäre toll, wenn dein Hund schon eine gute Grundgelassenheit mitbringt? Hier solltest du wirklich einen großen Fokus darauf legen.

  4. Die Beschreibung der Hunde sollten bitte immer mit Vorsicht genossen werden. Diese werden häufig von Laien verfasst. Wenn ich zum Beispiel lese „mit Katzen“ verträglich, muss ich etwas lächeln. Meine Hündin hat ihn beiden vorherigen Haushalten mit Katzen zusammen gelebt, das interessiert sie auf den Spaziergängen bei Katzenbegegnungen recht wenig. ;-D Oder aber, der Hund kann bereits 3 Stunden allein bleiben. Ein Hund muss in einer neuen Umgebung auch neu lernen allein zu bleiben. Letzten Endes musst du deinen Hund in deiner für ihn neuen Umgebung einfach beobachten und kennenlernen, wie ich bereits im Artikel erwähnt habe.

  5. Wie bereits erwähnt: Such dir eine richtige gute professionelle Unterstützung, schule dich zum Thema Körpersprache und Kommunikation. Erkenne Konflikte deines Hundes schnell und lerne ihn in den Situationen liebevoll zu unterstützen. Investiere hier im ersten Jahr unbedingt viel Zeit und natürlich auch Geld. Auf diese Weise kannst du eine super Basis schaffen und hast es für die restlichen Jahre deutlich entspannter. Aber achte hier bitte wirklich auf positiv und freundlich arbeitende Trainer*innen. Du und dein Hund solltet euch bei der Begleitung wohlfühlen! Vorsicht ist immer geboten, wenn Ausdrücke, wie „Rudelführer“, „Chef sein“, „da kommst du nett nicht weiter“. Über gutes Management und positives Training kannst du jede problematische Situation in den Griff kriegen. Aber Lernen und Veränderung ist ein Prozess und keine Einzelaktion und sowohl wir Menschen, als auch die Hunde brauchen Wiederholungen.

  6. Schaffe dir ein gutes Netzwerk. Gerade, wenn du zum Beispiel einen Hund bekommst, der noch sehr überfordert von seinem neuen Umfeld ist (und das sind die meisten!!!) und ihn erst einmal schlecht in deinen laufenden Alltag integrieren kannst, muss dein Hund möglichst schnell lernen auch mal von Freuden gesittet zu werden. Du musst mal einkaufen oder auch mal Freunde treffen, deine Akkus aufladen, um deinen Hund eben wieder mit Freuden begleiten zu können. Also eine gute Betreuung ist essentiell. Ebenso ist es wichtig, gute Tierärzt*innen und gegebenenfalls auch Hundefriseur*innen und Physiotherapeut*innen in petto zu haben.


Resümee


Alles in allem ist und bleibt der Auslandstierschutz ein sehr komplexes Thema. Es gibt sehr gute Organisationen, die ihre Adoptant*innen extrem gut vorbereiten und auch nach betreuen. Es gibt Hunde, die sich sehr gut und schnell ihrem neuen Leben anpassen.

Aber es gibt ohne Frage mittlerweile auch richtig schlechte Organisationen, die ihre Hunde und deren Menschen bei Problemen sehr allein lassen. Und es gibt eben auch leider viele Hunde, die sich ein Leben in einem Ballungsgebiet nicht ausgesucht hätten und mit der Flut an Reizen völlig überfordert sind. Wenn hier dann auch noch über Druck und mit völliger Überforderung gearbeitet wird, befinden wir uns dann sehr schnell in einer Abwärtsspirale.


Auf der anderen Seite trauen sich auch einige Adoptant*innen gut aufgeklärt einfach viel zu viel zu und nehmen die Probleme, die der Hund mitbringen kann auf die zu leichte Schulter. Und wenn diesen Hunde eben nicht konsequent geholfen wird, Situationen besser zu meistern, finden diese ihre eigenen Strategien die den meisten Menschen dann eben nicht gefallen.


Dennoch möchte ich auch ermutigen zu adoptieren, wenn das für dich passen kann. Gerade an den Hunden mit Special Effekts können auch wir Menschen unfassbar wachsen. Wir lernen Gelassenheit und wir müssen uns sehr viel Wissen über Hunde aneignen und das ist wirklich sein sehr schönes Thema. Und wie bereits erwähnt, schweißt nichts mehr zusammen, als schwierige Situationen als Team zu meistern.


Aber ohne Frage kostet es eben auch Nerven und du brauchst ein gutes Umfeld, das dich und deinen Hund verständnisvoll unterstützt.


Wenn du Fragen zu diesem Thema hast, melde dich sehr gerne!


Alles Liebe,

Kristina

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